Freitag, 27. November 2009

Amerika in seiner ganzen Pracht

Washington D.C., die Hauptstadt des mächtigsten Landes der Erde: da erwartet man Einiges. Wir kamen gegen Mittag mit dem Bus aus NYC an und sind erst mal zu unserem Hotel gelaufen, um die Rucksäcke loszuwerden und – nix los. Die Straßen wie ausgestorben. Wir wollten einen Kaffee zum Wachwerden trinken, aber alles dicht. Erst weiter Richtung Mall (Grünstreifen) und Weißes Haus wurden die Straßen belebter. Das Weiße Haus ist schon ganz nett anzuschauen, aber im Vergleich zu all den Prachtbauten drumherum doch etwas mickrig. Wir haben dann natürlich die obligatorischen Fotos gemacht und sind dann weiter Richtung Washington Monument, diesem riesigen Obelisken. Was die Stadt auszeichnet ist, dass es tatsächlich kein höheres Gebäude gibt als das Capitol, wodurch dieses und das Washington Monument tatsächlich hervorstechen. Anschließend sind durch den leergepumpten künstlichen See zum Lincoln Memorial gewandert. Dabei hatten wir uns schon ausgemalt, wie Forrest Gump „Jenny, Jenny“-rufend durchs Wasser zu hüpfen. Lincoln ist tatsächlich riesig dargestellt. Meine Mama hatte mir vorher noch gesagt, dass sich der Künstler am Hinterkopf der Statue selbst verewigt hat, aber wir standen wohl auf der falschen Seite und haben es nicht gesehen. Vorbei am Korean War Memorial, welches wirklich künstlerisch eindrucksvoll ist, sind wir dann zur Museumsmeile bis zum Capitol marschiert mit einem Abstecher ins Air and Space Museum. Hier kann man eingeschweißte M&Ms begutachten, die die Astronauten mit auf ihre Flüge genommen haben und einen Blick ins Cockpit einer Boeing werfen.



Ich hatte schon vorher Imke, eine ehemalige Tutorin von mir aus Osnabrück, kontaktiert und sie um Ausgeh- und Essens-Tipps gebeten und so haben wir sie abends bei einem Italiener getroffen, wo es richtig gute Pizza gab. Es war einfach total lustig, sie wiederzusehen, nach so langer Zeit und dann auch noch in Washington, Miles away von Osnabrück. Über Imke bin ich auch an mein Zimmer hier in New York gekommen und vielleicht kommt sie bald mal vorbei.

Am nächsten Morgen haben wir sie dann glatt beim Kaffeeholen wiedergetroffen, bevor wir uns mit der U-Bahn nach Arlington aufgemacht haben. Dieser große Militärfriedhof liegt schon in Virginia, eigentlich nur einmal übers Wasser und beherbergt unglaublich viele Soldatengräber und ist die Ruhestätte der Kennedys. Man kennt vielleicht die Reihen weißer Grabsteine, die sich über Kilometer hinzuziehen scheinen. Jeden Tag werden hier noch 27 Veteranen bestattet. Am Grab des unbekannten Soldaten mussten wir dann doch stutzen. Hier kamen wieder einmal all der amerikanische Patriotismus und die Liebe zum Pathetischen zum Ausdruck: Zwei Soldaten marschierten auf und ab und ein paar Mädels durften den blau-rot-weißen Kranz niederlegen. Dann wurde noch ein bisschen trompetet und wieder abmarschiert. Als ich mich so umguckte, musste ich feststellen, dass die Amis um mich rum alle die Hand aufs Herz gelegt hatten. Das ging mir dann doch zu weit. Gut, wir Deutschen sind nun nicht unbedingt für unseren Nationalstolz oder unsere Vaterlandsliebe bekannt - aus bekannten Gründen. Vielleicht sind wir da auch ein wenig zu vorsichtig. Aber lieber so, als so wie hier. Und dann war natürlich auch immer alles nur im Sinne der Freiheit. Krieg für Frieden und Freiheit. Hah, dass ich nicht lache. Richtig den Hals vor Wut zugeschnürt hat mir dann das Museum of American History. Auch wieder jede Menge Krieg für den guten Zweck, aber sowas wie Hiroshima wurde dann mal unter den Tisch gekehrt. Die furchtbare Oberflächlichkeit gepaart mit banalem Nationalismus fand ich dann doch erschreckend.

Vor unserer Abfahrt haben wir dann bei Vapiano gegessen, was einige von euch ja vielleicht aus Düsseldorf, Köln oder Berlin kennen. Und ja tatsächlich, es ist ein deutsches Franchising Unternehmen, das nächstes Jahr seine erste Filiale am Times Square eröffnet.

Insgesamt war es ein toller Ausflug und wir waren auch wirklich eine sehr nette Mädelstruppe.

Zwischendurch hatte ich noch Stress mit der Bank. Ich bin nämlich eins der Kreditkartenbetrugsopfer. Nach einigem Kuddelmuddel mit meiner Bank und großem Stress bekomme ich nun eine neue Karte. Ich habe nämlich definitiv keine Flüge bei Airarabia gebucht, keine Abbuchungen in omanischer oder norwegischer Währung getätigt und auch keine 800 Euro Bestellungen bei irgendwelchen Versandhäusern in Auftrag gegeben… Naja. Aber da sieht man mal, wie sehr man hier auf Kreditkarten als Zahlungsmittel angewiesen ist. Sogar meine 1,59 $ Milch im Supermarkt habe ich hier für gewöhnlich mit der VISA bezahlt.

Am 26. November war Thanksgiving. Das Fest an dem die Siedler gemeinsam mit den Indianern die Ernte feierten. Welch eine Ironie, wenn man bedenkt, dass diese kurze Zeit später völlig ausgebeutet in kleinen Reservaten leben mussten und sicher keine Ernte mehr feiern konnten. Naja, jedenfalls kommt der Feiertag hier Weihnachten gleich. Alle Leute fahren zu ihren Familien und es gibt den traditionellen Truthahn. Morgens habe ich mir mit Anne die Parade angeschaut mit all den bunten Wagen und Floats, riesigen aufgeblasenen Figuren, die die 7th Avenue bis zu Macy’s runtergefahren werden. Neben Kermit dem Frosch gab es noch Buzz Lightyear, Spiderman, Hello Kitty, Ronald MacDonald und vieles mehr. Leider konnten wir tatsächlich auch nur die Floats sehen, denn die Menschenmassen an der 72. Straße versperrten komplett die Sicht auf die Wagen.

Nachmittags war ich bei meiner Kollegin Solveig zum Essen eingeladen. Das war total nett. Es gab den traditionellen Turkey mit Cranberry-Sauce und jede Menge leckere Beilagen für mich. Die Runde war sehr nett, sehr international und die Gespräche reichten von Neuheiten im Kino bis zu wie man sich vorstellt alt zu werden. Völlig abgefüllt habe ich mich am nächsten Tag zur Arbeit gequält und aber noch den super Sale mitgenommen, denn am Black Friday geht hier der große Ausverkauf los. Schnäppchenjäger aufgepasst!




Gerade habe ich wieder einmal deutsche Nachrichten gehört und im Hinblick auf die Klimakonferenz ging es um den Umweltsünder China, nach den USA der größte CO2 Produzent. Hierzu einige Insider Infos aus dem amerikanischen Alltag: Recycelt wird anscheinend nur in New York und auch längst in dieser Stadt überall; ich könnte mir vorstellen, dass allein Pappkaffeebecher einen enormen Anteil des New Yorker Mülls ausmachen; Heizungen funktionieren hier nicht so schön mit Thermostat, meist wird einem heißer Wind über die Klimaanlage entgegen gepustet und wenn es dann zu warm ist, was macht man? Richtig! Fenster auf! Dafür sind die Busse dauerhaft unterkühlt und man bekommt ständig kalte Ohren und in den U-Bahnschachten steht die Luft; die Autos: Kleinwagen?! Fehlanzeige; und wer muss schon das Licht oder den Computer ausmachen, wenn man das Büro verlässt…und das sind nur die Kleinigkeiten des Alltags. Wenn es hier schon so bestellt ist, dann kann man sich ja vorstellen, mit welcher Umsicht die Industrie hier wohl so produziert.

Oh Mann, ich höre mich schon ein bisschen so an, als fände ich hier alles ganz schrecklich und würde an der amerikanischen Unkultur verzweifeln. Aber so arg ist es nicht. Sicherlich betrachte ich hier einiges aus einem typisch deutschen oder europäischem Blickwinkel, der überall etwas zum kritisieren findet. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass es auch hier schöne Dinge, faszinierende Orte und nette Menschen gibt.

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