Mittwoch, 18. November 2009

herbstliches New York

Und wieder ist viel Wasser den Hudson hinunter geflossen seit ich das letzte Mal berichtet habe.

Der Herbst hat in New York City Einzug gehalten und die prachtvollen Farben im Prospect und Central Park sind einen Spaziergang wert. Wobei hier kurz erklärt sei, dass „Indian Summer“ keineswegs bedeutet, dass alles schön bunt wird, sondern dass es lange im Herbst noch richtig warm ist. Letzten Sonntag war es tatsächlich so warm, dass ich meine Jacke ausziehen musste und einige mutige New Yorker im T-Shirt durch Soho spazierten.

Am ersten Novemberwochenende war ich bei einem Football-Spiel. Einfach amerikanisch! Die Columbia University spielte gegen Harvard – ein Ivy League Spiel in der College League, alles live im TV, mit Maskottchen, Cheerleadern und Marching Bands. Vom Spiel habe ich nicht wirklich viel verstanden. 11 Kerle pro Mannschaft, die gegeneinander rennen und versuchen dieses eiförmige Ding, das sie Ball nennen immer 10 Yards in die gegnerische Hälfte zu drängen. Irgendwann macht dann einer einen Touchdown und darf dann noch durch diese merkwürdigen Tore schießen. Das alles weiß ich auch nur, weil ich meinen Mitbewohner Jan dabei hatte, der sich vorher durch intensives Verfolgen von Football-Spielen im Fernsehen schlau gemacht hatte. Eigentlich fand ich es viel spannender die Cheerleader bei ihren verzweifelten Versuchen zu beobachten, die Zuschauer zum Jubeln zu bringen. Dies war vergeblich, denn schon nach 10 Minuten führte Harvard 14:0. Ähnlich beschämend ging es weiter. Sogar Harvards Marching Band war eindeutig besser, sofern man bei diesem Getröte überhaupt von ‚gut‘ sprechen kann. Es war jedenfalls ein sehr unterhaltsamer Tag.

In der Woche danach habe ich wenig gemacht. Langsam wird es stressig. Ich glaube wir haben 600 Bewerbungen, von Amerikanern und Kanadiern, die alle gern nach Deutschland wollen und deren Bewerbungen alle sortiert und auf ihre Vollständigkeit überprüft werden sollen. Keine besonders geistig fordernde Aufgabe, aber eben viel zu tun. Kleines aufregendes Highlight zwischendurch: Im Konsulat tauchten kleine Tütchen mit weißem Pulver auf, woraufhin das Restaurant schließen musste und Polizei und FBI durchs Haus liefen. War aber am Ende alles harmlos.

Abends war ich mal wieder mit Tina in der Philharmonie. Die erste Hälfte war sehr nett – Mozart und Beethoven, aber die 2. Hälfte war dann doch eher – naja – ‚schwierig‘. Die Vertonung einiger Gedichte, die auch der amerikanische Star-Bariton und die schwedische Sopranistin nicht mehr retten konnten. Viele Leute sind dann auch einfach gegangen. Das finde ich allerdings unhöflich. Die armen Künstler können ja nix dafür, was da ausgewählt wird und der Komponist so verzapft hat. Sonntagabend dann das Kontrastprogramm: Chicago, das Musical. Viele leicht bekleidete Damen hüpfen zur mitreißenden Musik über die Bühne. Die Sänger waren aber auch toll – „all that jazz“ eben. http://www.youtube.com/watch?v=3x7ognhwbhM


Was gab es noch? Achja! Das letzte Wochenende. Am Freitag war ich in der wunderschönen New York Public Library am Bryant Park, um nach Literatur für das unvermeidliche Internship Assignment zu suchen. Wir müssen, ungerechterweise, während wir auch noch arbeiten, im Januar auf 20 Seiten eine Frage zu einem praktikumsrelevanten Thema bearbeiten, mit Theorie und allem. Pfui! Erstens habe ich eigentlich keine Zeit, zweitens keine Lust, und drittens noch keine Idee, worum es da gehen soll. Egal, die Bücherei ist toll, ich habe jetzt einen Ausweis und werde sicher noch einige Stunden dort vor dem Kopierer verbringen.

Nach meinem Abstecher in die Bücherwelten fuhr ich zu meiner Kollegin Brid und ihrer kleinen Tochter nach Brooklyn raus zum Babysitten. Die kleine Maus ist aber auch süß. Und ganz brav war sie auch. Da macht sich meine Babysiterfahrung dann doch bezahlt. Als Brid dann nach Hause kam haben wir noch ein mexikanisches Bierchen getrunken (@Andrea: Negro Modelo, da wurden Erinnerungen wach…).

Am Samstag war ich dann mit Anne verabredet, die auch mit in Boston war, zum Planen unserer nächsten kleinen Reise. Am Wochenende geht es nach Washington, D.C. Begeistert über den günstigen Hotelpreis, den wir gefunden haben, sind wir aus Harlem, wo Anne wohnt zum Kuchenessen den Broadway runter spaziert. Gestärkt mit Cherrypie sind wir dann spazier und spaziert und waren auf einmal 70 Blocks gelaufen. Das passte ganz gut, denn ich hatte von meiner Vermieterin eine Einladung „Members Only“ ins MOMA. So haben wir uns die Seerosen von Monet und die modernen Maler noch einmal angeschaut und natürlich all die Leute, die zum Sehen und Gesehenwerden da waren – und das war wohl die Mehrheit. Hungrig nach dem Anblick von Kunst und Designeroutfits, sind wir dann beim Thailänder gelandet und danach noch auf einen Cocktail versackt.

Zwecks weiterer Kopien, war ich Sonntag erneut in der Bücherei. Als ich grad wieder daheim war, rief Amra an ,eine ganz nette Kollegin, die grad bei mir in der Nähe war, ob ich nicht Lust auf Kino hätte: Antichrist. Ja klar, ich also zum Kino geeilt. Meine Güte ist das ein Film. Man ist von Lars von Trier ja einiges gewohnt und nun, da ich die Dänen kenne, sollte mich nichts mehr schocken, aber der Film macht einen wirklich sprachlos. Großartig gespielt von Charlotte Gainsbourg und Willem Defoe, aber mir war nie ganz klar worum es jetzt eigentlich ging. Zwischendurch waren die Bilder so brutal und drastisch, dass ich nicht hingucken konnte. Amra war ebenfalls leicht schockiert. Ich habe dann am Abend nach Interpretationen gesucht, aber anscheinend wussten auch die Herrschaften in Cannes wenig mit dem Film anzufangen. Er scheint zu polarisieren. Entweder man findet ihn gaaaaanz toll, oder aber furchtbar schrecklich. Ich kann mich noch nicht ganz entscheiden. Diesen Trailer nur mit ganz starken Nerven angucken! Ehrlich! Und dabei ist er harmlos gegen den Film: http://www.youtube.com/watch?v=-OGnqYMe3UQ

Diese Woche heißt es wieder: Bewerbungen, Bewerbungen, Bewerbungen, nebenbei ein bisschen Bücher studieren und Themenfindung und am Freitag nochmal Babysitten bevor es am Samstag in die Hauptstadt geht. Ich freu mich schon und bin gespannt!

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