Am vorletzten Wochenende habe ich das spätsommerlich warme Wetter genutzt und bin mit der Fähre zur Statue of Liberty und nach Ellis Island gefahren. Die französische Madame im Hafen, die angeblich aussieht wie die Mutter des Künstlers, ist schon beeindruckend. Wenn man es durch die flughafengleichen Sicherheitskontrollen geschafft hat, kann man bis zu ihren Füßen hinauf klettern und hat eine sehr schöne Aussicht auf Manhattan und all das Drumherum. Ellis Island ist ein sehr interessantes Museum, obwohl mir das Gegenstück, das Auswandererhaus in Bremerhaven noch besser gefallen hat. Aber es ist schon spannend zu sehen, wie die Leute hier ankamen, wie sie abgefertigt wurden, oder nach langwierigen Untersuchungen wieder nach Hause geschickt wurden. Dagegen ist die Prozedur am Flughafen wahrscheinlich ein Kinderspiel, obwohl ich mir nach dem ganzen Visadschungel ein Bild davon machen kann, wie arme Iren, Italiener, Russen und Chinesen verzweifelt vor diversen Bögen Papier gesessen haben müssen.
New York im Ausnahmezustand. Die UN General Assembly führte dazu, dass die ganze Stadt von der 34. Bis zur 50. Straße absolut lahmgelegt war und das Polizeiaufgebot erschreckend anstieg. Mein Weg zur Arbeit verlängerte sich um ganze 30 Minuten und manche kamen überhaupt nicht durch, da auch für Fußgänger die Blocks rund um die UNO weiträumig abgesperrt wurden. Wenn dann die dicken Limousinen mit Polizei davor und dahinter über die 1st Ave brausten, dann wusste man: Aha, wichtige Leute auf dem Weg zu wichtigen Reden, wobei sich gewisse Politiker ja wieder besonders positiv hervorgetan haben. Was soll man machen – ihnen die Teilnahme zu verweigern würde vielleicht nur zu mehr Unterstützung dieser Herren führen und immerhin wurde der Saal meist schnell leer, sobald sie ans Rednerpult traten. Jetzt geht das Ganze in Pittsburgh weiter und man kann gespannt sein, ob sich die Welt groß verändern wird. Ich bin da ja eher pessimistisch, aber man weiß ja nie.
"And now live on the web: Maren, who will tell you something about studying in Germany." So ungefähr began mein Auftritt im webinar des DAAD, an dem doch tatsächlich 40 Leute online teilnahmen. Und dann habe ich ein wenig drauflosgestottert, mich im Englischen eifrig verhaspelt und über die Vor- und Nachteile des Studierens an einer deutschen Hochschule referiert. Ob es so gut war…hmmm naja. Aber Amerikaner sind immer so schön positiv. „You were so great!“ „Thanks so much for stepping in last notice“ und in Yale war dann doch glatt einer, der sich meine Ode ans deutsche Hochschulsystem angehört hat und nicht gelangweilt eingeschlafen ist. Also wenn jetzt nicht hunderte eifriger Amerikaner nach Osnabrück strömen, dann weiß ich auch nicht.
Am Mittwoch, 23. September, war unser Betriebsausflug. Mit der Fähre ging es nach Staten Island und dann mit dem Bus ins Grüne. Kaum ist man aus der Stadt raus, kommt es einem gleich provinziell vor. Die Elektroleitungen über den Straßen, lauter dicke Amis in Trainingsanzügen (böse, ich weiß, aber es stimmt) und geschmacklose Häuser mit Säulen, Fachwerk, Türmchen und Golfrasen. Die Wanderung war trotzdem sehr nett (und sehr anstrengend, denn es war total schwül und ganze Geschwader von Mücken waren unterwegs) und wir haben uns alle nett unterhalten. Angekommen in Richmondtown hatten wir dann noch eine Führung durch „historische“ Gebäude. Es ist so niedlich, was hier alles so als historisch gilt und wie stolz die Leute dann drauf sind. „Dieses Schulgebäude ist schon 200 Jahre alt.“ – da lacht doch jeder Kölner der über die alte Römerstraße läuft.
Am Freitag, 25. September, stand Yale auf der Tagesordnung. Tempel der angloamerikanischen Bildungselite. Meine Güte ist das eine Uni. Wunderschöne Gebäude, alles sieht mehr nach Oxford und Cambridge aus als nach New Haven, die Speisesäle sind superschick, überall liegt die New York Times und die Studenten sitzen in den Innenhöfen zwischen den altehrwürdigen Gebäuden und lernen oder trinken Kaffee. Wir waren wegen der study abroad fair da und ich habe alles getan, mehr Yale-Studenten nach Deutschland zu locken. Schließlich ist es bei und auch schön und man muss für eine gute Ausbildung keine 100.000$ im Jahr bezahlen.
Gestern war ich auf einem Brunch, pünktlich um 12 zur Verkündung der vorläufigen Ergebnisse. der Bundestagswahlen. So ein Debakel. Mannmannmann. Ich sehe schwarz für Deutschland - im wahrsten Sinne des Wortes. Schwarzgelb - noch schlimmer. Jeder der einmal im Ausland war und gesehen hat, wie es anderswo aussieht, der weiß, dass wir es trotz all dem Meckern unglaublich gut haben. Aber wenn jetzt weiter fröhlich neoliberale Politik betrieben wird (jetzt klinge ich schon wie Professor Busch), dann haben wir ganz schnell Verhältnisse wie hier in den USA und jeder der genauer hinschaut, der möchte das so nicht haben. Ich meine, es ist schön hier, aber eine alleinerziehende Mutter nach 3 Wochen wieder im Job und die Hälfte des Gehalts geht für die daycare drauf, das kann es nicht sein. Und dann auch noch der Guido als Außenminister. Dazu kann ich nur sagen PEINLICH: http://www.youtube.com/watch?v=HSS7tEme8U0