Montag, 28. September 2009

Zwischen high politics, higher education und ganz touristischem Sightseeing

Am vorletzten Wochenende habe ich das spätsommerlich warme Wetter genutzt und bin mit der Fähre zur Statue of Liberty und nach Ellis Island gefahren. Die französische Madame im Hafen, die angeblich aussieht wie die Mutter des Künstlers, ist schon beeindruckend. Wenn man es durch die flughafengleichen Sicherheitskontrollen geschafft hat, kann man bis zu ihren Füßen hinauf klettern und hat eine sehr schöne Aussicht auf Manhattan und all das Drumherum. Ellis Island ist ein sehr interessantes Museum, obwohl mir das Gegenstück, das Auswandererhaus in Bremerhaven noch besser gefallen hat. Aber es ist schon spannend zu sehen, wie die Leute hier ankamen, wie sie abgefertigt wurden, oder nach langwierigen Untersuchungen wieder nach Hause geschickt wurden. Dagegen ist die Prozedur am Flughafen wahrscheinlich ein Kinderspiel, obwohl ich mir nach dem ganzen Visadschungel ein Bild davon machen kann, wie arme Iren, Italiener, Russen und Chinesen verzweifelt vor diversen Bögen Papier gesessen haben müssen.

New York im Ausnahmezustand. Die UN General Assembly führte dazu, dass die ganze Stadt von der 34. Bis zur 50. Straße absolut lahmgelegt war und das Polizeiaufgebot erschreckend anstieg. Mein Weg zur Arbeit verlängerte sich um ganze 30 Minuten und manche kamen überhaupt nicht durch, da auch für Fußgänger die Blocks rund um die UNO weiträumig abgesperrt wurden. Wenn dann die dicken Limousinen mit Polizei davor und dahinter über die 1st Ave brausten, dann wusste man: Aha, wichtige Leute auf dem Weg zu wichtigen Reden, wobei sich gewisse Politiker ja wieder besonders positiv hervorgetan haben. Was soll man machen – ihnen die Teilnahme zu verweigern würde vielleicht nur zu mehr Unterstützung dieser Herren führen und immerhin wurde der Saal meist schnell leer, sobald sie ans Rednerpult traten. Jetzt geht das Ganze in Pittsburgh weiter und man kann gespannt sein, ob sich die Welt groß verändern wird. Ich bin da ja eher pessimistisch, aber man weiß ja nie.

"And now live on the web: Maren, who will tell you something about studying in Germany." So ungefähr began mein Auftritt im webinar des DAAD, an dem doch tatsächlich 40 Leute online teilnahmen. Und dann habe ich ein wenig drauflosgestottert, mich im Englischen eifrig verhaspelt und über die Vor- und Nachteile des Studierens an einer deutschen Hochschule referiert. Ob es so gut war…hmmm naja. Aber Amerikaner sind immer so schön positiv. „You were so great!“ „Thanks so much for stepping in last notice“ und in Yale war dann doch glatt einer, der sich meine Ode ans deutsche Hochschulsystem angehört hat und nicht gelangweilt eingeschlafen ist. Also wenn jetzt nicht hunderte eifriger Amerikaner nach Osnabrück strömen, dann weiß ich auch nicht.

Am Mittwoch, 23. September, war unser Betriebsausflug. Mit der Fähre ging es nach Staten Island und dann mit dem Bus ins Grüne. Kaum ist man aus der Stadt raus, kommt es einem gleich provinziell vor. Die Elektroleitungen über den Straßen, lauter dicke Amis in Trainingsanzügen (böse, ich weiß, aber es stimmt) und geschmacklose Häuser mit Säulen, Fachwerk, Türmchen und Golfrasen. Die Wanderung war trotzdem sehr nett (und sehr anstrengend, denn es war total schwül und ganze Geschwader von Mücken waren unterwegs) und wir haben uns alle nett unterhalten. Angekommen in Richmondtown hatten wir dann noch eine Führung durch „historische“ Gebäude. Es ist so niedlich, was hier alles so als historisch gilt und wie stolz die Leute dann drauf sind. „Dieses Schulgebäude ist schon 200 Jahre alt.“ – da lacht doch jeder Kölner der über die alte Römerstraße läuft.


Am Freitag, 25. September, stand Yale auf der Tagesordnung. Tempel der angloamerikanischen Bildungselite. Meine Güte ist das eine Uni. Wunderschöne Gebäude, alles sieht mehr nach Oxford und Cambridge aus als nach New Haven, die Speisesäle sind superschick, überall liegt die New York Times und die Studenten sitzen in den Innenhöfen zwischen den altehrwürdigen Gebäuden und lernen oder trinken Kaffee. Wir waren wegen der study abroad fair da und ich habe alles getan, mehr Yale-Studenten nach Deutschland zu locken. Schließlich ist es bei und auch schön und man muss für eine gute Ausbildung keine 100.000$ im Jahr bezahlen.

Gestern war ich auf einem Brunch, pünktlich um 12 zur Verkündung der vorläufigen Ergebnisse. der Bundestagswahlen. So ein Debakel. Mannmannmann. Ich sehe schwarz für Deutschland - im wahrsten Sinne des Wortes. Schwarzgelb - noch schlimmer. Jeder der einmal im Ausland war und gesehen hat, wie es anderswo aussieht, der weiß, dass wir es trotz all dem Meckern unglaublich gut haben. Aber wenn jetzt weiter fröhlich neoliberale Politik betrieben wird (jetzt klinge ich schon wie Professor Busch), dann haben wir ganz schnell Verhältnisse wie hier in den USA und jeder der genauer hinschaut, der möchte das so nicht haben. Ich meine, es ist schön hier, aber eine alleinerziehende Mutter nach 3 Wochen wieder im Job und die Hälfte des Gehalts geht für die daycare drauf, das kann es nicht sein. Und dann auch noch der Guido als Außenminister. Dazu kann ich nur sagen PEINLICH: http://www.youtube.com/watch?v=HSS7tEme8U0

Samstag, 19. September 2009

Making the city my own

Wollte ich all das Großartige, Witzige und Interessante, das ich hier erlebe, wiedergeben, dann müsste ich wohl jeden Tag einen dreiseitigen Eintrag verfassen. Ich versuche hier, mich auf das Wesentlichste zu beschränken. Es ist trotzdem viel zu lesen. Seid also vorgewarnt!



Mit Tina, einer Molekularmedizinstudentin aus Göttingen habe ich am ersten Septemberwochenende weiter die Sehenswürdigkeiten und Stadtteile abgegrast: Soho, Little Italy, Chinatown, Financial District, Ground Zero, Broadway South, Brooklyn Bridge, Governor’s Island und am Labor Day in den Prospect Park/Brooklyn, wo wir uns die Parade zum American West Indies Day angeschaut haben. Laut, bunt und in den Jamaica-Ecken roch es verdächtig nach Gras. Am Montagabend gab es dann das Kontrastprogramm zu überlauter Salsa- und Technomusik: eine Aufzeichnung von Madame Butterfly vor der Metropolitan Opera. Man saß auf dem Boden oder Klappstühlchen, genoss die „frische“ Luft zu den Klängen von Pucchini und litt mit der armen Geisha, die ihr Herz an den untreuen US-Offizier verloren hatte. Wie leider so oft bei Opern, war die Heldin alles andere als ein zierliches Mädchen und auch der schmucke Officer hätte 20 Jahre jünger sein können. Aber was solls – gesungen haben sie schön.

New York ist verhängnisvoll. Das musste ich schon in meiner ersten Woche feststellen. Ich habe jetzt eine Liste von all den Geschäften angefertigt, die ich im Laufe der Zeit aufsuchen will, um Kleidung/Schuhe/Accessoires käuflich zu erwerben. Urban Outfitters und DSW sind schon abgehakt, aber einiges steht mir noch bevor. Dank Finanzkrise gibt es hier einen Dauersale, was für mich bedeutet: Augen zu und schnell weitergehen.

Am 10. September war ich nach der Arbeit mit einer UN-Praktikantin unterwegs. Dass wir auf einer Wellenlänge liegen merkten wir schnell, als wir beide vor derm Palace Hotel „Gossip Girl“ schrien. Dann bestaunten wir auf unserem Weg noch die Models im Schaufenster einer Kosmetikkette (huihuihuihuihui – der war mal schnuckelig, wir haben uns zuerst nicht getraut ein Foto zu machen, aber dann musste das doch einfach sein), sahen uns in St. Patricks um, einer Kirche, die so gar nicht zwischen all die Skyscraper zu passten scheint und machten uns auf zu einem UN-Intern-Essen in Little Korea. Versteckt im dritten Stock endeten wir in einem superstylischen koreanischen Restaurant und tranken Apple-Martinis mit den anderen Praktikanten aus der ganzen Welt.

Restaurants, Bars, Cafés – davon hat die Stadt wahrlich reichlich. In jedem Block gibt es mindestens einen Starbucks, außer vielleicht hier in der Lower East Side oder dem East Village, weil hier alles so understatementmäßig-alternativ-stylisch–cool ist. Dunkin Donuts und Baskin&Robbins sind auch nicht weit und die Supermärkte laden auch dazu ein, stundenlang durch die Regale zu bummeln. Wenn man aber ganz einfach nur Milch haben will (1,5% Fett), dann steht man ganz schön dumm vor dem Regal mit 50 verschiedenen Sorten: fat free, low fat, soy, lactose free, etc und findet einfach nicht das, was man sucht…

Gestern, 18. September, war ich im MOMA – Museum of Modern Art – da auch in New York die Museen ab und zu Sonderkonditionen anbieten. Da der Eintritt gratis war, wickelte sich die Schlange um drei Blocks, ich war aber trotzdem erstaunlich schnell in den heiligen Hallen der Kunst von 1890-heute. Drinnen kam ich mir vor, als würde ich das Kunstlehrbuch der 11. Klasse durchwandern. Sprachlos stand ich vor der Sternennacht, Picassos Stillleben, Warhols Marylin Monroe, die Comics von Lichtenstein, Miró, den Uhren von Dalí, Kandinsky, das wilde Rumgekleckse von Pollock, Piet Mondrian, Magritte, Matisse, Chagall, Otto Dix, Kirchner und Seurat. Bei den Werken unseres Heimatkünstlers Joseph Beuys musste ich allerdings wieder mal passen: ich kann einem Metallblock auf dem Boden oder einem aufgehängten Anzug einfach nichts abgewinnen…das überlasse ich dann lieber den Leuten, die mehr Freude am Interpretieren als am Betrachten haben. Ganz besonders begeistert war ich von den Monets Riesengemälden im gesonderten Raum. Da wurden Kindheitserinnerungen an „Linnea im Garten des Malers“ wach. Wer will, dass seine Kinder später irgendwann mal was für Impressionismus übrig haben, dem kann ich dieses tolle Kinderbuch ans Herz legen. Und dann tatsächlich vor den Bildern zu sitzen, ist schon ein bewgender Augenblick, denn sie sind wirklich wunderschön.

In meinem Praktikum läuft alles wunderbar. Alle sind nett, daher fühle ich mich sehr wohl, ich sitze in meinem eigenen Büro, helfe wo ich kann und fühle mich ganz wichtig, wenn ich mit meinem Namensschildchen durchs German House laufe.

Die letzen 3 Wochen war das Wetter noch sehr sommerlich und teilweise richtig heiß. Was die New Yorker allerdings nicht können ist Klimaanlagen einstellen. Im Bus zieht es wie Hechtsuppe (it pulls like fish soup) und draußen schwitzt man. Jetzt wird es langsam frischer und ich muss auch mal mein Jäckchen überziehen. Naja, immerhin kann ich dann bald meine neuen Stiefeletten eintragen.

Mittwoch, 2. September 2009

first impressions

Nachdem ich das Angebot des freundlichen Zollbeamten am Düsseldorfer Flughafen doch mit ihm zu tauschen abgelehnt hatte (obwohl er mir sogar seine Mütze anbot), bin ich gut in Newark angekommen. Und ins Land durfte ich auch. Wohoo - ich bin drin. Dann auf zum Hostel, wo ich von einem netten Kölner Physikstudenten empfangen wurde: "Dormagen, das ist doch bei Köln, oder?" Die Welt ist ein Dorf. Bei der Erkundung der näheren Umgebung der 14th Street war das erste Geschäft, das ich betrat, bezeichnenderweise - wer hätte das gedacht - ein Schuhladen am Union Square.
Durch den Jetlag um 6.00 a.m. topfit, machte ich mich früh auf, meine Wohnung zu finden (obwohl ich nicht gleich einziehen konnte) und von dort aus zur UN zu laufen. Leider musste ich dabei feststellen, dass ich im gehen-und-gleichzeitig-trinken noch nicht so sicher bin wie die New Yorker. Prompt habe ich mich mit meinem Smoothi schön bekleckert. Aber man fühlt sich trotzdem gleich total cool und stylisch und newyorkerisch, wenn man so durch die Straßen eilt mit einem Erdbeer/Banane/Kokos/Ananas-irgendwas in der Hand.
Danach bin ich noch durch die Streets und Avenues gewandert, am Chrysler-Building vorbei, zur Grand Central Station (in der ich allerdings den food court nochmal näher erkunden muss) und dann zum Empire State Building. Leider hatte ich meine Uniform nicht an, denn sonst wär ich umsonst reingekommen...Oben angekommen wird einem beim Blick zur Antenne richtig schwindelig und man meint, das ganze Gebäude müsse jeden Augenblick schwankend darniedergehen. Schön ist es, wenn man allein unterwegs ist, das man die Muße hat all die anderen Touris zu beobachten: unschwer zu erkennen die Deutschen mit Rucksack, Kamera, guten Laufschuhen und manchmal sogar mit Bauchtasche, die dann über die Lage der Gebäude diskutieren und wo denn nun was ist, anstatt sich einfach des Blickes zu erfreuen. Mich ja eingeschlossen - allerdings ohne Bauchtasche oder Rucksack. Die Amis sind an ihrem leichten Übergewicht zu erkennen, den Sonnenbrillen mit Umhängeband und den Safarihüten. Die sind einfach nur laut. Dann gab es noch einige Italiener in schicken Sommersandälchen, die aus jeder - aber auch wirklich jeder Perspektive ein Foto schießen mussten.
Abends bin ich völlig erledigt und mit müden Füßen ins Bett gefallen, nur um in der Nacht vom lauten Geschnarche eines Zimmergenossen aufzuwachen - argh.
Gestern, Montag, habe ich mich mit zwei Mädels aus dem Hostel aufgemacht nach uptown. Durch den Central Park ab nach Harlem, wo wir dem lonely planet-Spaziergang gefolgt sind. Dieser führte uns zum Apollo-Theater (Michael Jackson T-Shirts, Michael Jackson -Bilder, Michael Jackson-Tassen,...), in einen netten Park, und dann am YMCA vorbei zum Broadway. Und auf dem Weg natürlich Kirchen: Methodist, New Apostolian, Episcopalian, Baptist, und so weiter und so fort - in jedem Block mindestens 2.
Ich habe das Gefühl, mich schon ganz gut zurechtzufinden, was natürlich nur Einbildung ist , aber ich glaube zumindest zu wissen, wie das subway-Netz funktioniert und dank Pocket-Pilot (Super! Dankedanke, Andrea) kann ich immer unauffällig einen Blick auf die Karte werfen, um mich nicht doch zu verlaufen. Irgendwie fühlt man sich hier gleich heimisch, auch wenn Dormagen und NY absolut nichts gemein haben, nimmt einen die Stadt in ihrer Anonymität und Hektik auf und man lässt sich von den Mengen treiben, schaut in Schaufenster, trinkt eine Shaken Ice Tea Lemonade bei Starbucks oder setzt sich ganz einfach in einen Park. So wirklich 'fremd' kommt einem das nicht vor.
Gestern abend bin ich dann umgezogen. Im yellow cab ab zur Wohnung meiner österreichischen Vermieterin. Mein Zimmer ist klein aber fein und die 350 TV-Kanäle werde ich gleich mal auf ihre Tauglichkeit prüfen, denn heute nach dem ersten Arbeitstag bin ich erstmal kaputt. Die Kollegen sind nett, die Atmosphäre sehr angenehm und was meinen Aufgabenbereich angeht - das wird man sehen. Der Ausblick aus meinem Fenster jedenfalls ist einmalig :-)